LZ 4400, LZ 4410 und LZ 4485
Briefe zu Büchners Tod
LZ 4400
Wilhelm Hoffmann: Brief an Adolph und August Stöber in Oberbronn; Straßburg 21. Februar 1837
Meine lieben Freunde
Ein Umstand zwingt mich Euch eher zu schreiben als ich es mir anfangs vorgenommen. Ich muß Euch nämlich zugleich mit dem ersten Lebenszeichen seit Jahren von mir, auch eine sehr traurige Nachricht mittheilen – den Tod von Büchner in Zürich. Gestern Abend war {ich} bey Baum , da tritt ein Student ein, mit der Empfehlung von Pfr. Jaegle, der Baum bitten [läßt]lasse für ihn zu predigen weil der alte Mann durch den Tod seines [k]zukünftigen Tochtermanns sehr ergriffen u. niedergeschlagen sey. Mlle Jaegle ist vor einiger Zeit hinauf nach Zürich, ihrem Bräutigam zu Willen. Sie sch[reibt]rieb daher die traurige Botschaft selbst ihrem Vater.
Also wieder einer aus Euerm Kranze! Wenn wir auch einst gehen, wer wird dann noch da seyn?
Aber denkt an das unglückliche arme Mädchen, denkt daß sie dieser Schlag zur Verzweiflung bringen; ihren Vater in das Grab führen kann, – o man möchte zaubern[.] Es geht zugleich ein Brief an Lange ab – ist er nicht in derselben Lage wie Büchner, wenn der Tod – es wäre furchtbar, gränzenloser Schmerz.
Darum halte Euch der liebe Gott gesund u wohl, und schenkt mir bald die Freude des Wiedersehens.
Euer
Hoffmann
Gruß an Euere Schwester u Mutter und wenn Ihr die Jugend noch seht so gebt eine Empfehlung an Fritz ab. [??] in Andern taugen nichts.
N.B. ich wohne wieder bey Kurtz.
[Adresse:]
Herrn / Aug. et Ad. Stoeber. / Séjournant à / Oberbronn
Überlieferung
H: FLS; d1: Lehmann/Mayer 1976, S. 185 f.
Datierung
21. Februar 1837] Datum des Poststempels.
LZ 4410
Adolphe Schwebel: Brief an Eugen Boeckel in Paris; Barr 24. Februar 1837
[...]
Tu auras peut-être déjà appris la mort de nôtre pauvre Büchner il parait [qu] d’après ce que Reuss a dit à mon frère qu’il a succombé à une fievre nerveuse.
[...]
Übersetzung
Du wirst vielleicht schon vom Tod unseres armen Büchner erfahren haben es scheint [da] nach dem, was Reuss meinem Bruder gesagt hat, daß er einem Nervenfieber erlegen ist.
Überlieferung
H: ZB Zürich, Nachlaß Boeckel, Ms Z XII 384, Nr. 12; d: Hauschild 1993, S. 605.
LZ 4485
Adolph und August Stöber: Brief an Gustav Schwab in Tübingen; Oberbronn 9. März 1837
Oberbronn, den 9ten März 1837.
Verehrter Freund!
Wir verschoben die Erwiederung Ihres lezten freundschaftlichen Briefes absichtlich bis jezt, da wir doch um diese Zeit eine kleine Sendung an Sie abgehen zu lassen gedachten. Wenn Sie unter [diesen] beiliegenden poetischen Kleinigkeiten etwas der Ehre werth finden, in dem nächsten Musenalmanach ein Plätzchen einzunehmen, so soll es uns freuen. Der vorjährige Almanach ist auch uns zu Gesichte gekommen; derselbe ist – was nach dem Zurücktreten der schwäbischen Dichter zu erwarten war – ziemlich mager und dürftig ausgefallen.
Ich weiß nicht, ob Heine’s Bildniß richtig getroffen ist, habe aber darin weiter keinen Seelenausdruck, als etwa den der Sinnlichkeit, finden können. Möge den nächsten Almanach das Bild eines würdigern deutschen Sängers zieren und möge[n] sich um denselben wieder vollzählig der ganze bisherige Dichterbund sammeln! Ist vielleicht dießmal die Reihe an Kerner oder an Lenau? –
Von Dr. Schulz und seiner Frau erhalten wir von Zeit zu Zeit Nachricht. Er fing in Zürich, wo er den Winter zugebracht hat, Vorlesungen über Statistik an, fand aber, bald nach den ersten unentgeldlichen Sitzungen, keine Zuhörer mehr, und so beschäftigt er sich jezt lediglich mit Schriftstellerarbeiten. In Zürich ist auch vor Kurzem ein sehr talentvoller deutscher Flüchtling gestorben, der uns wohl bekannt und befreundet war, Georg Büchner, ein junger Mann von 23 Jahren. Er schrieb ein Trauerspiel „Dantons Tod“, welches von wahrhaft genialen Anlagen zeugt, aber natürlich noch keine vollendete Reife hat. [Auch hat] Dr. Schulz wird in diesem Frühjahr wieder bei uns im Elsaß einen Besuch machen. – Von Straßburg wurde uns angekündigt, daß Uhlands Sagenforschungen über Thor in’s Französische übersetzt werden, durch den Rektor unserer Akademie, in Verbindung mit Prof. Strobel.
Was uns betrifft, so ist unsere Lage bis jezt noch immer dieselbe geblieben; doch hoffen wir, daß, nach Verlauf eines Jahres, endlich auch an uns die Reihe kommen werde, in’s Pfarramt einzutreten. An Uebung der geistlichen Functionen fehlt es uns eben nicht; seit mehr als einem Jahre haben wir fortwährend, bald für kranke Pastoren, bald in vakantgewordenen Gemeinden, den Pfarrdienst versehen.
Und Sie, verehrter Freund! haben Sie Ihren Plan, eine Pfarrei zu übernehmen, wieder aufgegeben? sind Sie mit Ihren Verhältnissen in der Residenz wieder ausgesöhnt? Ich begreife sehr wohl, wie ungünstig und störend eine solche Umgebung auf den Dichter wirken kann. Freuen soll es mich, von Ihnen zu vernehmen, daß Sie wieder zu ungetrübter Heiterkeit und freiem Dichtermuthe gelangt sind. Wie willkommen wären uns neue, reichliche Proben Ihrer alten Meisterschaft!
Empfehlen Sie uns Ihrer verehrten Gattin und behalten Sie, väterlicher Freund,
in gutem Andenken
Ihren von Herzen
ergebenen
Ad. Stöber.
Auch von mir, hochverehrter Freund
u. Meister, empfangen Sie eine Zeile!
Ich war diesen Morgen gerade damit beschäftigt, die Ihnen längst versprochenen, noch ungedruckten Gedichte Göthe’s, aus Friederickens Nachlaß, abzuschreiben, als ich durch die Post einen recht freundlichen Brief von Herrn Dr Menzel erhielt u. 1 Ex des Literaturblatt’s in welchem die höchst wohlwollende Anzeige unsrer Alsabilder steht. Sie hat uns Beiden große Freude verursacht u. uns für die Zukunft ermuthigt.
Was die Gedichte von Göthe betrifft, so habe ich sie aus den Originalien abgeschrieben, die in den Händen der in Niederbronn wohnenden jüngsten Schwester der Friedericke, mit diplomatischer Genauigkeit abgeschrieben; es sind viele Abschriften davon verbreitet. Wenn [s]Sie dieselben im Morgenblatt oder im Musenalmanach wollen abdrucken, so nennen Sie aber etwa nicht meinen Namen, als Mittheiler. Außer den 4 mitgetheilten waren noch 2 andere da, die aber gedruckt sind: Willkommen u. Abschied u. Mit einem gemahlten Band.
Ihr Buch der Sagen habe ich mit einigen Worten in dem Straßburger Wochenblatt angezeigt, in welchem als Zugabe gewöhnlich Gedichte u. kleine liter. Anzeigen u. Aufsatze stehn u. das in Straßburg u. im Elsaß ziemlich verbreitet ist. Ich wollte Ihnen die Nummer beilegen, konnte sie aber nicht mehr finden, ich werde mich jedoch bemühen eine andere für Sie zu erhalten. Herr Pf. Dürrbach (der Verf. des Rappoltstein, der im Literaturbl. mit uns rezens. wird) hat uns gesagt es stehe auch eine Anzeige der Alsabilder in den Heidelberger Jahrbüchern – sie ist wohl von Ihnen, da Sie mir als ich in Stuttgart war, davon sprachen, eine dahin zu schicken?
Wenn Létoublon wieder von einer Reise nach Paris u. der Franche Comté zurück sein wird, so werde ich ihn bitten eine Anzeige ihrer Sagen in der Revue germanique oder einem Pariser liter. Blatte zu machen.
Das Schiller’sche Album ist wohl noch nicht erschienen? ich habe gleich nach meiner Zurückkunft darauf pränumerirt, aber noch immer nichts erhalten.
Ich hatte Ihnen auch Briefe aus dem Nachlaß meines Vaters versprochen, allein gerade diejenigen von interessanten Personen habe ich noch nicht von Straßburg zurück erhalten können; der Straßburger literatus der die Notiz über meinen sel. Vater machte, hat sie noch immer in Händen, trotz meiner öftern Mahnungen.
Mit der Bitte mich Herrn Uhland, Pfizer, Reinbeck usw. freundlich zu empfehlen, sage ich Ihnen
mein herzliches Lebewohl!
Ihr August Stöber
Dürfte ich bitten die Inlage an Herrn Dr Menzel gelangen zu laßen?
Wollten Sie auch den Brief an Cotta abgeben lassen, ihn lesen u. etwa nöthigenfalls, ihr Wort mitsprechen.
Überlieferung
H: UB Tübingen, Handschriftenabteilung; d1: Walter 1930, S. 63-66.