HL Dok 2.3.2.
Gerichtliche Gegenüberstellung von Gustav Clemm und Friedrich Wilhelm Briel; Darmstadt 25. Januar 1836

Clemm selbst sagt dem Angeschuldigten Advokat Briel folgendes in’s Angesicht:

Clemm:
Ich muß Sie vor Allem auf die Thatsache verweisen, die ich glaube ich früher in den Acten noch nicht niedergelegt habe und die mir eben jetzt auf das Bestimmteste erinnerlich wird, daß nemlich der Student Büchner vor dem Gange nach der Badenburg bei Ihnen gewesen war und von Ihnen erfahren hatte, daß die Versammlung und zu welchem Zwecke stattfinden werde, nemlich eine Berathung mit Marburgern über revolutionaire Gegenstände. Sie hatten ihm gesagt, daß einige von uns jungen Leuten hinkommen sollten, daß Sie selbst fahren würden, daß die Studenten aber gleichzeitig nicht mit fahren könnten, von denen übrigens nur zwei hinkommen sollten, einmal darum nicht, weil kein Raum da sei und dann, weil es zu auffallend werde, Weidig werde ebenfalls hinkommen. – Büchner brachte mir und dem Schütz diese Nachricht und wir kamen überein, daß ich und Büchner uns auf die Badenburg begeben sollten. Nachdem die schon oft genannten Personen sich dort nach und nach eingefunden hatten – ich war mit Büchner hingegangen – wurden die einzelen Anwesenden, so weit sie sich noch nicht persönlich kannten, sich gegenseitig vorgestellt. Büchner wurde ihnen nicht besonders vorgestellt, dieß bestätigt, daß sie ihn schon kannten; ich will hier noch bemerken, daß ich selbst mit Büchner bei Ihnen gewesen bin, ich weiß aber nicht mehr gewiß, ob dieß vor- oder nachher geschehen ist.

Die Angekommenen sammelten sich auf der Anhöhe, die auf der einen Seite von den Badenburger Gebäuden sich befindet, und nahmen dort Platz. Dr Weidig erstattete nun Bericht von seiner Reise nach Süddeutschland, die er zum Zwecke der revolutionairen Umtriebe unternommen habe und eröffnete, daß er in Wiesbaden einer Versammlung beigewohnt hätte, in welcher beschlossen worden sei, durch Flugschriften das Volk zu einer Revolution vorzubereiten und zu bringen. Es sollten zweierlei Schriften gedruckt und verbreitet werden, die eine für die Intelligenteren bestimmt sollte von dem flüchtigen Schüler redigirt werden, der als hierzu qualificirt gehalten werde. Für die anderen Schriften, nemlich die Flugschriften sollten sich in den einzelen deutschen Staaten Vereine bilden, die die individuellen Verhältniße dieser Staaten in Flugschriften verarbeiteten, sie insgeheim drucken ließen und dann unter das Volk verbreiteten. Es sollten sich die Vereine theilen in die der älteren und die der jüngeren Leute, die Letzteren sollten mehr zum Botengehn und zur Verbreitung der Schriften gebraucht und in einem steten Benehmen mit den Aelteren gehalten werden. Man solle eine Presse ankaufen und sie zu dem Zwecke an einem möglichst sicheren Orte aufstellen. Alle Anwesenden und Sie unter ihnen billigten diese Vorschläge und man kam zu einem demgemäßen Handeln überein. Sie selbst gaben Ihre Zustimmung zu der Verhandlung in beistimmenden Worten zu erkennen und nahmen an der ganzen Verhandlung Antheil. Hier in dieser Versammlung wurde auch von dem Abdrucke und der Verbreitung des Hessischen Landboten gesprochen, zu dem das Manuscript schon längere Zeit fertig war. Sie selbst kennen den Verfasser, denn wir haben über denselben öfters mit einander gesprochen, eben so auch über die Wirkung des Landboten, die er auf das Volk hervorbringen werde. Ja ich habe auch Abdrücke davon selbst in Ihren Händen gesehen; ich selbst habe Ihnen später einen Pack der von Marburg gekommenen Abdrücke gebracht, Sie haben solche nach Darmstadt gesendet, wie Sie mir selbst gesagt haben.

f. p. r.
Briel:
Ich habe von einem Zwecke einer solchen Badenburger Zusammenkunft nicht das Mindeste vorher gewußt und wenn Sie von dem Studenten Büchner erfahren haben wollen, daß ich demselben die in den Mund gelegte Mittheilung gemacht haben soll, so behaupte ich, daß ich meiner Seits dem Studenten Büchner durchaus keine solche Mittheilung gemacht habe.

Briel bestreitet dann alle wesentlichen Angaben Clemms.

Überlieferung
Handschrift: Staatsarchiv Marburg, 266 Marburg, Nr. 37, fol. 128–131; Druck: MBA II.2, S. 124 f.