28. September 1835. Von Karl Gutzkow nach Straßburg
Mein lieber Freund,
Sie erbauen weder mich, noch meinen Plan durch Ihren jüngsten, doch so willkommnen Brief. Ich hatte sicher auf Sie gerechnet, ich spekulirte auf lauter Jungfernerzeugnisse, Gedankenblitze aus erster Hand, Lenziana, subjektiv & objektiv: Sie können auch Ihre abschlägige Antwort nicht so rund gemeint haben u werden schon darauf eingehen, folgenden Calcül, mit sich anzustellen: Du hast ein Buch mit deinem Namen geschrieben. Ein Enthusiast hat es unbedingt gelobt. Ja, du hast dich sogar herabgelassen, 2 wahrscheinlich sehr elende Dramen von V. Hugo zu übersetzen; du stehst nun mitten drinnen, und mußt dich entweder behaupten, oder avanciren. Die Deutsche Revüe wird großartig verbreitet, sie zahlt für den 8oBogen 2 Friedr.d’ors. Sie hat einige glänzende Aushängeschilde von Namen, welche sogar das alte u besorgliche Publikum anlocken. In der That, lieber Büchner, häuten Sie sich zum 2ten Male: geben Sie uns, wenn weiter nichts im Anfang, Erinnerungen an Lenz: da scheinen Sie Thatsachen zu haben, die leicht aufgezeichnet sind. Ihr Name ist einmal heraus, jezt fangen Sie an, geniale Beweise für denselben zu führen.
Das Brockhaussche Repertorium kanzelt Sie mit 2 Worten ab. Die Abend-Zeitung, wie ich aus einem Briefe von Th. Hell an einen Dritten, sehe, wird deßgleichen thun. Basenhaft genug schreibt dieser Hofrath Hell genannt Winckler: Wer ist dieser Büchner? Antworten Sie ihm darauf!
W. Schulz hat an mich geschrieben. Er scheint recht gedrückt zu seyn; was ich für ihn ausrichten kann, will ich sehen. Er solle sich noch einige Tage gedulden.
Von Menzels elendem Angriffe auf meine Person werden Sie gehört haben. Ich mußte ihn für seine Schaamlosigkeit fordern; er schlug diesen Weg aus u zwingt mich nun ihm öffentlich zu dienen. Menzeln wär’ es eine Freude gewesen, wenn ich bei ihm nach wie vor die Zweyte Violine gespielt hätte, u einmal executor seines Testaments geworden wäre. Prinzipien hat er für keine größre Fehde mehr, seine lezten Patronen hat er gegen Göthe verschossen: Nun muß die Religion, die Moral u mein Leben herhalten, um mich zu stürzen. In einigen Tagen erscheinen von mir u Wienbarg Brochüren. Ich kann nichts besseres thun, als aus seiner Infamie eine literarische Streitfrage machen. Zeit ist’s, endlich einmal die Menzelsche Stellung zu revidiren u die kritischen Annalen zu controliren, welche er seit beinahe 10 Jahren geschrieben hat.
Am 1 Dez. erscheint das 1ste Heft der Revüe. Benimmt sich Menzel nicht, als woll’ er sagen: „o Herr Zebaoth, siehe, sie wollen herausgeben ein Blatt, das da heißet: Deutsche Revüe u soll es erscheinen wöchentlich einmal! spricht der Herr: Sela.“
Ihr Gutzkow
Adressiren Sie nicht an Sauerl. sondern kurzweg an meinen Namen.