2.5. Die „Gesellschaft der Menschenrechte“ in Darmstadt

LZ 4260 Ludwig Büchner 1850 Die zweite Hälfte des April 1834, die er in Darmstadt verbrachte, nutzte Büchner, um dort „eine Zweiggesellschaft der ‚Gesellschaft der Menschenrechte‘ zu gründen. Sie bestand meist aus jungen Bürgerssöhnen und erhielt später durch Büchner ihre Instruktionen von Gießen, ohne die höheren Leiter der geheimen Gesellschaften zu kennen.“

HL Dok. 7.6. Protokolle der Deutschen Bundesversammlung 1842 Die einzigen detaillierten Informationen über diese Sektion stammen von dem Darmstädter Bäcker und ehemaligen Gießener Studenten Adam Koch, Sohn eines um 1820 tätigen Darmstädter Oppositionellen gleichen Namens. Er wurde nach 1835 Mitglied des „Bundes der Geächteten“, wurde deswegen 1840 inhaftiert und machte in der Haft auch Aussagen über die Darmstädter Sektion der „Gesellschaft der Menschenrechte“. Die Darmstädter Sektion hatte im April 1834 „folgende Mitglieder: 1) Büchner, 2) Wiener, 3) Kahlert, 4) Nivergelder, 5) Jacob Koch (älterer Bruder des Adam Koch) – welche sämmtlich zu Gießen studiert hatten –, 6) Kalbsmetzger Müller, 7) Schmidmeister Wetzel“ (Marburger Büchner Ausgabe II.2, S. 330). Hinzu kamen im September Adam Koch und „bis gegen Ende Octobers“ „der Geometer Möser und der Bleichgärtnergehülfe Daniel Mahr“ sowie im Sommer 1835 der Geometer Daniel Heß. Sie „hielt ihre Versammlungen in einem Gartenhause des p. Wetzel am großen Wooge“, einem kleinen See unmittelbar bei Darmstadt.

Müller, Wetzel und Kahlert waren am 1. April 1833 von Gießener Studenten in die Pläne zum Wachensturm eingeweiht worden, waren also schon länger an Konspirationen beteiligt.

Über die Aktivitäten der Sektion ist folgendes bekannt: Am 1. August 1834 brachte Jacob Friedrich Schütz Exemplare des Hessischen Landboten nach Darmstadt zu dem Sektionsmitglied Hermann Wiener. Was aus diesen Exemplaren wurde, ist nicht bekannt. Der „Oberhessische Preßverein“ Im Herbst 1834 beteiligte sich die Sektion an Vorbereitungen zum Ankauf einer Druckerpresse und, in Zusammenarbeit mit dem „Oberhessischen Preßverein“, Plänen zur Befreiung der in Friedberg einsitzenden Untersuchungshäftlinge Georg Gladbach, Karl Minnigerode und Carl Zeuner.

Büchner war an diesen Aktivitäten maßgeblich beteiligt, mied aber aus Sorge vor enger polizeilicher Überwachung alle offen sichtbaren Kontakte mit Außenstehenden. Vgl. Marburger Büchner Ausgabe Bd. 2, S. 307 f.

HL Dok. 7.6. Protokolle der Deutschen Bundesversammlung 1842 Bei den Sektionssitzungen folgte Büchner – wie schon zuvor die Frankfurter „Union“ – dem Muster der französischen „Société des droits de l’homme“. Die Aufnahme eines neuen Mitglieds „vollzog“ er, „indem er ihm die Erklärung der Menschenrechte vorlas, angeblich wie sie sich in geschichtlichen Werken über die französische Revolution vorfindet“ und die sich in ihrer „Tendenz auf Herbeiführung einer völligen Gleichstellung Aller gerichtet“ habe.

Die „Société des droits de l’homme“ verwandte als Basistext die Menschenrechtserklärung in der Fassung Maximilien Robespierres vom Frühjahr 1793. Vermutlich bediente sich Büchner dieser Fassung. Außerdem hatte er einen Aufsatz verfasst, in welchem er „seine Grundsätze niedergelegt hatte und welcher als Constitution der Gesellschaft dienen sollte.“ (Ebd.). Der Aufsatz kursierte später im „Bund der Geächteten“.

LZ 4260 Ludwig Büchner 1850 Ludwig Büchner berichtete außerdem: „Die Mitglieder übten sich sehr eifrig in den Waffen und hatten bedeutende Schießvorräthe verborgen.“

Text: Burghard Dedner (Juni 2014); zuletzt bearbeitet: Juli 2017