HL Dok 6.3.11.
Verhörprotokolle Carl Flach; Darmstadt 18. und 20. Juli 1837

Im Herbst 1834. machte ich eine Reise nach Darmstadt, in wessen Auftrag weiß ich nicht mehr, ich glaube Weyprechts. Es sollte hier eine Presse zu verkaufen seyn, die ich erhandeln sollte. Dr. Jucho, den ich besuchte und dem ich die Sache mittheilte, gab mir ein Briefchen an einen gewissen Heusser in einer Buchdruckerei hier in Darmstadt, welche letztere sich in der nach der katholischen Kirche führenden Straße von dem Großherzogl. Palais rechts befindet. Heusser sagte mir, sie sey noch nicht fertig, der Preiß würde ohngefähr 100 fl. dafür seyn. Hier lernte ich den Färber Kahlert kennen durch beide Koch, Wiener und Nievergelder. Ich war mit Wiener und Koch auf dem Jagdschloß Kranichstein, im Museum und der Bildergallerie und logirte im Gasthaus zum Prinzen Carl. Kahlert wurde auch davon benachrichtigt, daß die Presse angeschafft werden solle. Sie sollte verfertigt werden von einem hiesigen Maschinenfabrikanten, der, soviel ich meine, Jordan heißt. Ein junger Mensch, den ich des Morgens bei Kahlert fand, dessen Name mir aber unbekannt ist, sollte namentlich die Presse für sich kaufen, um sie alsdann an uns abzugeben. Bei meiner letzten Reise nach Darmstadt, wo ich mit der Chaise von Drescher nach Frankfurt fuhr und dort in der „Stadt Darmstadt“ logirte, hatte ich von Becker den Auftrag, 600 fl. Geld, die in Darmstadt liegen sollten, in Empfang zu nehmen. Koch bezeichnete mir das Haus eines Advocaten, zu dem ich ging und mit demselben über die 600 fl. sprach. Wie der Name des Advocaten ist, kann ich nicht mehr sagen. Derselbe sagte mir, sobald Minnigerode und Zeuner aus dem Gefängniß befreit seyen, sollten wir ihn nur davon benachrichtigen und dann sey das Geld bereit. – Der hiesige fragliche Advocat ist ein großer Mann mit einem starken schwarzen Barte und hat, so viel ich weiß, als Freiwilliger, den Feldzug nach Frankreich mitgemacht. Sein Haus liegt vor dem Bessunger Thore, wenn man hinaus geht durch ein großes Thor in den Hof, wo als dann linker Hand die Hausthüre ist und er eine Stiege hoch wohnt.

Beim Vorlesen: Ich glaube, daß entweder Kahlert oder Koch vor mir bei dem Advocaten gewesen ist und meine Anwesenheit ihm kund gethan hat. Als ich hinging, ging Koch mir voran, er blieb an dem Hofthore des Advokaten stehen, um mir das Haus zu bezeichnen; dann ging er wieder von mir weg. >

Ex officio: Da die Beziehunghinsichtlich der Person und des Hauses auf den Hofgerichts-Advocaten Stahl dahier sich bezieht, so wurde bei dieser Gelegenheit dessen Name genannt; Flach erklärte übrigens, daß er nicht sagen könne, ob jener Mann gerade Stahl geheißen habe.

Ich bin durch Niemanden anders, als den Koch an den Stahl gewiesen worden und ich weiß nicht, aus welcher eigentlichen Quelle jene 600 fl. hergenommen werden sollten.

Beim Vorlesen: Ich habe nicht den Namen Stahl genannt, sondern nur jenen Advocaten.>

Mit Kalbfleisch reiste ich im December 1834. von Butzbach ab. In Friedberg sprach ich mit dem Soldaten Laurent wegen der Befreiung von Minnigerode & Zeuner, gab demselben ein Gläschen mit einigen Tropfen Opium und dann gingen wir nach Petterweil, wo wir den Pfarrer Flick besuchten, dann nach Bonamäs, wo wir den Kaufmann Theisinger von Frankfurt antraffen; mit diesem ging Kalbfleisch nach Frankfurt und ich blieb in Bonamäs über Nacht. Des andern Morgens ging ich nach Rödelheim zu Dr. Schmall, um mit demselben zu sprechen wegen dem Befreiungsproject. Die Pässe waren noch nicht fertig, auch sonst noch keine Anordnungen wegen der Transportirung und Unterkunft der Gefangenen getroffen.Kalbfleisch war den Morgen von Frankfurt nach Darmstadt gereist, um ohngefähr 40 fl. Geld für die zu kaufende Presse an den Färber Kahlert zu bringen. Von diesen 40 fl. hatte ich, wie oben erwähnt, eine Friedrichsd’or von Pfarrer Weidig dargegeben, das andere Geld hat Carl Braubach, ich meine, ganz dargeliehen. Die Presse wurde jedoch nicht angekauft und wozu das Geld verwendet worden ist, weiß ich nicht.

Warum die Presse nicht angeschafft worden ist, davon war die Ursache, daß Schriften jetzt an einem anderen Orte gedruckt werden könnten. So habe ich von August Becker gehört. Ich blieb mit Kalbfleisch zu Frankfurt in der „Stadt Darmstadt“ über Nacht. Ich besuchte am anderen Morgen bei unserer Abreise von Frankfurt den Buchdrucker Schneider, an den mir Dr. Jucho bei meiner Darmstädter Reise, wo ich die Presse erkaufen sollte, ein Zettelchen gegeben hatte, um mit dem Schneider wegen der zu der Presse nöthigen Lettern zu sprechen, wovon ich auch diesesmal mit ihm sprach; er sagte mir, sobald die Presse angeschafft sey, wolle er mir ein Recomandationsbriefchen an eine Schriftschneiderei in Frankfurt geben, wo ich die Lettern am besten erhalten könne. Auf welche Art ich mit Kalbfleisch zurückgereist bin, kann ich nicht mehr angeben.

Q. 573.

Haben Sie den Buchdrucker Heuser, als Sie demselben, wie gestern erwähnt, das Empfehlungsbriefchen von Dr. Jucho überbrachten, schon gekannt?

R. Nein; ich traf ihn in der gestern bezeichneten Buchdruckerei ganz allein, es war Vormittags, die übrigen Buchdrucker hatten sich bereits entfernt. Er erwiederte mir, die Presse sey noch nicht fertig, er habe indessen schon mit dem Maschinenfabricanten Jordan gesprochen und ihm namentlich aufgetragen, eine kleine Presse nach englischer Art zu verfertigen. Ich habe den Heuser nachher nicht wieder gesehen und bin auch nicht mehr weiter mit ihm zusammengekommen. v. u. g.

Q. 574.

Sie erklärten gestern, Becker habe ihnen bei einer andern Reise hierher nach Darmstadt den Auftrag ertheilt, 600 fl. zum Befreiungsproject in Empfang zu nehmen. Was gab Ihnen Becker in dieser Hinsicht Näheres an?

R. Soviel ich mich erinnere, hat mir Becker damals gesagt, ich solle mich nur an den Studenten Koch wenden. Ich that dies auch und Koch erklärte mir darauf, ich solle nur einstweilen ins Gasthaus zum Löwen gehen, er wolle nachher auch dahin kommen. Ich war nämlich zuerst zu dem Koch gegangen und von diesem in das Gasthaus zum Löwen gewiesen worden. Als ich hier eine Zeit lang war, kam Koch mit dem Färber Kahlert in den Löwen zu mir. Beide sprachen hier miteinander und es schien mir, als wenn beide nicht recht gewußt hätten, wo sich eigentlich das Geld befinde.

Hierauf ging Kahlert weg, Koch blieb bei mir. Kahlert kam bald wieder in den Löwen und sagte, das Geld sei bei dem Advocaten, den ich oben beschrieben habe und dessen Name mir auch jetzt nicht einfällt. Koch zeigte mir hierauf auf die bereits angegebene Weise das Haus des Advocaten. Ich ging zu diesem, gab mich ihm zu erkennen und fragte wegen des fraglichen Geldes. Die Sache war ihm zur Genüge bekannt. Es kam die Rede auf die Befreiung der Gefangenen, in Ansehung welcher er die Meinung aussprach, daß sie wohl am Besten mit Hülfe eines Bauernwagens bewirkt werden könne. Er sagte dann noch weiter, sobald die Gefangenen frei seyen, sey das Geld bereit. Ich erinnere mich mit Gewißheit, daß der Advocat sagte, er sey beauftragt in Bezug auf die Verabfolgung des Geldes. Seinen Auftraggeber hat er mir aber nicht näher bezeichnet. Ich ging nun von dem Advocaten weg und habe von ihm nichts mehr gehört und gesehen. Als ich wieder nach Butzbach kam, war der Soldat von Friedberg weg.

v. u. g.

Überlieferung
Handschrift: Institut für Stadtgeschichte Frankfurt a. M., Criminalia, Nr. 11781, fol. 78–94; Druck: MBA II. 2, S. 302–305.