LZ 0969
Carl von Bechtold: Tagebucheinträge zum Mordfall Schneider 1816
Erläuterungen
Der Darmstädter Mordfall Schneider (1816) gehört zu den Anregungen für Büchners Woyzeck-Drama. Büchner kannte ihn vermutlich aus einer Veröffentlichung von Philipp Bopp Woyzeck Qu-Dok 3 Philipp Bopp: Meuchelmord sowie durch mündliche Überlieferung u.a. von seinem Cousin Carl Bechtold, der das Hinrichtungskommando für Schneider befehligt hatte.
16. [April 1816]
Heute wird ein Mann beim Fichtenwald aufgefunden, ermordet mit 17 Messerstichen. Am Abend wird ein Soldat namens Schneider verhaftet, von Beruf Schuhmacher, den man des Mordes verdächtigt.
Am Abend Thee bei der Tante Reuss [= Louise Reuß].
17. Apr. 1816
Ich spreche den Großherzog. Schneider wird vor den Leichnam des Ermordeten geführt, damit er sein Verbrechen gestehe. Nach längerem Leugnen gibt er es zu. Ich bin bei der Befragung anwesend, wie auch bei der Sektion der Leiche.
18. [...]
20.
Der Mörder Schneider wird einen Verteidiger aus der Riege der Advokaten bekommen, aber der ganze Prozess soll nach 8 Tagen beendet sein.
21. [...]
[...]
7. [Mai 1816]
Ich wohne der Verkündung des Todesurteils für den Mörder Schneider bei. Er wirkt völlig gleichgültig.
Erste Beratung des Komitees beim B[ruder] Wedekind.
8.
Der Mörder wird um 1/2 10 Uhr morgens auf dem Exerzierplatz von 6 Soldaten füsiliert. Zwei Kugeln haben ihm den Kopf zerschlagen, zwei das Herz. Zwei Schüsse haben versagt. Er stirbt mit sehr viel Kaltblütigkeit. Er wollte sich nicht die Augen verbinden lassen. Ich erstatte dem Großherzog Bericht.
Überlieferung
Handschrift im Privatbesitz. Druck: Carl Bechtolds Leben in Friedenszeiten. Teil I: Carl Bechtolds Journale von Dezember 1815 bis April 1825. Aus dem Französischen übersetzt und herausgegeben von Marianne Wrobel. Privatdruck 2017.