Ende Juni / Anfang Juli 1835. An die Eltern in Darmstadt
..... Ich habe hier noch mündlich viel Unangenehmes aus Darmstadt erfahren. Koch, Walloth, Geilfuß und einer meiner Gießener Freunde, mit Namen Becker, sind vor Kurzem hier angekommen, auch ist der junge Stamm hier. Es sind sonst noch Mehrere angekommen, sie gehen aber sämmtlich weiter in die Schweiz oder in das Innere von Frankreich. Ich habe von Glück zu sagen und fühle mich manchmal recht frei und leicht, wenn ich den weiten, freien Raum um mich überblicke und mich dann in das Darmstädter Arresthaus zurückversetze. Die Unglücklichen! Minnigerode sitzt jetzt fast ein Jahr, er soll körperlich fast aufgerieben sein, aber zeigt er nicht eine heroische Standhaftigkeit? Es heißt, er sei schon mehrmals geschlagen worden, ich kann und mag es nicht glauben. A. Becker wird wohl von Gott und der Welt verlassen sein; seine Mutter starb, während er in Gießen im Gefängniß saß, vierzehn Tage darnach eröffnete man es ihm!!! Kl... ist ein Verräther, das ist gewiß, aber es ist mir doch immer, als ob ich träumte, wenn ich daran denke. Wißt Ihr denn, daß seine Schwester und seine Schwägerin ebenfalls verhaftet und nach Darmstadt gebracht worden sind, und zwar höchst wahrscheinlich auf seine eigne Aussage hin? Uebrigens gräbt er sich sein eignes Grab; seinen Zweck, die Heirath mit Fräulein v...... in Gießen, wird er doch nicht erreichen, und die öffentliche Verachtung, die ihn unfehlbar trifft, wird ihn tödten. Ich fürchte nur sehr, daß die bisherigen Verhaftungen nur das Vorspiel sind; es wird noch bunt hergehen. Die Regierung weiß sich nicht zu mäßigen; die Vortheile, welche ihr die Zeitumstände in die Hand geben, wird sie auf’s Aeußerste mißbrauchen, und das ist sehr unklug und für uns sehr vortheilhaft. Auch der junge v. Biegeleben, Weidenbusch, Floret sind in eine Untersuchung verwickelt; das wird noch ins Unendliche gehen. Drei Pfarrer, Flick, Weidig und Thudichum sind unter den Verhafteten. Ich fürchte nur sehr, daß unsere Regierung uns hier nicht in Ruhe läßt, doch bin ich der Verwendung der Professoren Lauth, Duvernoy und des Doctor Boeckel’s gewiß, die sämmtlich mit dem Präfecten gut stehen. – Mit meiner Uebersetzung bin ich längst fertig; wie es mit meinem Drama geht, weiß ich nicht; es mögen wohl fünf bis sechs Wochen sein, daß mir Gutzkow schrieb, es werde daran gedruckt, seit der Zeit habe ich nichts mehr darüber gehört. Ich denke es muß erschienen sein, und man schickt es mir erst, wenn die Recensionen erschienen sind, zugleich mit diesen zu. Anders weiß ich mir die Verzögerung nicht zu erklären. Nur fürchte ich zuweilen für Gutzkow; er ist ein Preuße und hat sich neuerdings durch eine Vorrede zu einem in Berlin erschienenen Werke das Mißfallen seiner Regierung zugezogen. Die Preußen machen kurzen Prozeß; er sitzt vielleicht jetzt auf einer preußischen Festung; doch wir wollen das Beste hoffen.....