17. März 1835. Von Karl Gutzkow nach Straßburg
Frankfurt a M. 17 März 35
Lieber, ich habe vor länger als 8 Tagen, beinahe 14 Tagen schon 10 Fr. an die Darmstädter Adresse gesandt u von Ihrem Vater darauf die Anzeige erhalten, Sie wären nach Friedberg u das Geld würde Ihnen eingehändigt werden. Ihr Vater schien von der Herkunft dieses Geldes nichts zu wissen.
Werden Sie in Strasburg bleiben? Ich halte es für rathsaam, da Sie wie Enghien wol keine Aushebung durch Dragoner zu fürchten haben. Sie sollten meine Ermunterung, in der Theilnahme an deutscher Literatur fortzufahren, nicht in den französischen Wind schlagen. Was Sie leisten können, zeigt Ihr Danton, den ich heute zu säubern angefangen habe, u der des Vortrefflichsten soviel enthält. Glauben Sie denn, daß sich irgend Etwas Positives für Deutschlands Politik thun läßt? Ich glaube, Sie taugen zu mehr, als zu einer Erbse, welche die offne Wunde der deutschen Revolution in der Eiterung hält. Treiben Sie wie ich den Schmuggelhandel der Freiheit: Wein verhüllt in Novellenstroh, nichts in seinem natürlichen Gewande: ich glaube, man nüzt so mehr, als wenn man blind in Gewehre läuft, die keineswegs blindgeladen sind. Wär’ es nicht, so hätt’ ich mich in der Rechnung meines Lebens betrogen u müßte dann selbst meinen Untergang beschleunigen.
Noch drückt Sie Mangel. Hoffentlich haben Sie jezt das, was Sie zehnmal verdient haben. Das beste Mittel der Existenz bleibt die Autorschaft, d. h. nicht die geächtete, sondern die noch etwas geachtete, wenigstens honorirte bei den Philistern, welche das Geld haben. Spekuliren Sie auf Ideen, Poesie, was Ihnen der Genius bringt. Ich will Kanal sein, oder Trödler, der Ihnen klingend antwortet. Bessern Rath weiß ich nicht, u ich möchte Ihnen doch welchen geben, u recht altklug Ihnen zurufen: gehen Sie in sich, werden Sie praktisch, u regeln Sie Ihr Leben. Aber ich thu’ es zagend; denn unsre Zeit hat eine ganz besondre Art Schaam erfunden, nämlich die, nicht unglücklich zu seyn.
Vergessen Sie nicht, von sich hören zu lassen.
Ihr G.