12. Mai 1835. Von Karl Gutzkow nach Straßburg
Mannheim 12 May 35
Mein Lieber,
Statt daß Sie mich um tausend Parasangen weiter von sich denken, bin ich Ihnen um hundert näher gerückt. Meine Paßverhältnisse sind etwas in Unordnung, sonst käm’ ich schon zu Ihnen. Ich spare das auf. Die Berliner Reise ist mit Gefahren verknüpft. Durch eine Vorrede zu Schleiermachers Briefen über Schlegels Luzinde hab’ ich die Geistlichkeit u den Hof gegen mich empört: ich fürchte ein Autodafé u halte mich am Rheingeländer, das bald übersprungen ist. Adressiren Sie recht bald eine Nachricht hieher an mich wohnhaft bei HE Reitz. Ihre Äußerungen über neure Lit. vermag ich nicht aufzunehmen, weil mir jezt die Muße fehlt. Nur glauben Sie nicht, daß ich z. B. durch meine Besorgung einer Uebersetzung V. Hugos eine große Verehrung vor der romantischen Confusion in Paris an den Tag legen will: dies ist nur eine Gefälligkeit für einen Buchhändler, der auf mein Anrathen auch Sie ins Interesse gezogen hat. Danton wird nun gedruckt.
Ihre Novelle Lenz soll jedenfalls, weil Straßburg dazu anregt, den gestrandeten Poeten zum Vorwurf haben? Ich freue mich, wenn Sie schaffen. Einen Verleger geb’ ich Ihnen sogleich. Auch sagen Sie Ihrem theologischen Freunde, daß er für seine Schrift einen Abnehmer hat, falls Matter in Straßburg sich dazu entschließen könnte, sie zu bevorworten.
Wer war der Freund, der mich in Frankf. treffen wollte?
Vergelten Sie mir diese Abbreviatur von einem Briefe nicht, sondern seyen Sie mittheilsam u vollständig!
Ihr Gutzkow