LZ 3660
Hermann Dittmar an Ernst Dieffenbach und Hermann Trapp in Zürich; 16. März 1835

Straßburg den 16ten Maerz 35.

Lieber Peter!

Du weißt in welchem üblen Ruf die deutschen Refugiés von jeher gestanden, wir haben es uns deßhalb zu einer Hauptaufgabe gemacht den Namen der Teutschen wieder zu Ehren zu bringen, was uns auch, trotz allen schwangeren Weibsbildern und Ausschuß der Strömerei, die man uns von allen Seiten auf den Hals schickte, ziemlich geglückt. Allein zu allem Unglück ist in die Hände eines hiesigen Polizeicommissär’s ein Verzeichniß aller leichtsinnigen und schlechten Streiche Stromeyer’s gekommen, dieses noch in Verbindung und verwickelt mit andern Umständen droht die völlige Verachtung nicht allein aller hiesigen teutschen Flüchtlinge, sondern auch der in der Schweiz, indem man uns [nicht allein] {für} nichtswürdige Buben hält, die sich unter einander selbst belügen, bestehlen und betrügen; dieses nahende Ungewitter kann abgeleitet werden, wenn wir [+++ ++++] schriftlich erstens die Constatirung jener Thatsachen und zweitens auch die Mißbilligung und völlige Zurückstoßung des Stromeyers beibringen. Du kannst versichert sein, daß wir Deine Antwort nicht mißbrauchen, sondern sie nur zur Rettung unserer Ehre benutzen werden.

Ich stelle Dir deßhalb im Namen aller hiesigen Flüchtlinge folgende Fragen:

1. Hat Stromeyer vorige[n]s Jahr[es] Dich zu einer Emission benutzt, wobei er Dir ein Schreiben mitgab, unter das er sich als Präsident der teutschen Emigration ausgab, und Seiler als Secretär unterschreiben ließ? –

2. Hatte diese Emission nicht zum Hauptzweck einem, oder mehren badischen Bürgern Gold abzufordern? [zu ge+++]

3. War Stromeyers Absicht dieses Gold hauptsächlich zu Privatzwecken zu benutzen, w. z.B. es dem Comité des jungen Teutschlands zu schicken, als Entschädigung für das von ih[nen]m erhaltne und durchgebrachte Gold? –

4. Hat Stromeyer nicht bei der Madame Senn bei seiner Ankunft in Straßburg bedeutende Summen hinterlegt, 200 bis 300 fr. zu dem Endzwecke diese Summen der Senn für Zehrung zu überlassen?

Die Emissionsgeschichte wissen wir Alle so genau als jemand, da wir Alle das Emissionsschreiben gelesen, allein es handelt sich hier nur darum schriftlich auch von Schweizern Beweise gegen ihn in Händen zu haben. Derselbe Fall ist mit den 300 fr., die er bei der Senn deponirt, u. die er zu einer Emission vom jungen Teutschland erhalten hat. Du erzähltest mir selbst, daß er [bei] der Senn 300 fr gleich bei seiner Ankunft als Vorauszahlung gegeben. –

Die heimliche gerichtliche Erschießung des würtenbergischen Lieutenant Kosorritz [recte Koseritz im Burghof von hohen Asberg wirst Du schon gehört haben, – es ist das erste Blut, das ein Märtyrer für die hohe Sache vergossen, es wird nicht das letzte sein, diese seine letzten Worte scheinen in Erfüllung zu gehen; neusten Nachrichten zu folge sind schon mehre politische Gefangenen, bes. in Bayern zum Tode verurtheilt worden. –

Inquisition in optima forma!!!

Wie geht es in der Schweiz mit den Handwerksvereinen? – hier will’s nicht recht ziehen. –

Ist Euer Aufenthalt in der Schweiz gesichert? – Schreibe sogleich Antwort!!

Es grüßt Dich Dein

Dittmar

Ferd. Braun                                           Willigens

Kl Schlund

 

Lieber Mickes!

Da wir Dieffenbachs Adresse nicht wissen, haben wir diesen Brief an Dich adressirt mit der Bitte denselben baldmöglichst zu besorgen und hoffen auch von Dir bald einige Zeilen zu erhalten. –

Büchner ist hier als Flüchtling angekommen. –

Dein Dittmar

 

H. Dittmar Quai des bâteliers No 5.

Überlieferung
H: STA Zürich, P 187.1, Fasz. 2; d1: Mayer 1982b , S. 359; d2: Katalog Marburg, S. 251.

Eingestellt: Mai 2017