HL Dok 3.4.9.
Universitätsrichter Conrad Georgi: Bericht an das Ministerium des Innern und der Justiz in Darmstadt; Gießen 4. August 1834

„Was Büchner betrifft, so habe ich es sehr bedenklich gehalten, ob auf die Anzeigen, wie sie mir höchsten Orts geworden, Gr. Hofgericht die mir aufgetragnen Masnahmen richterlich billigen und die eventuelle Captur als gerechtfertigt erklären werde. Demohngeachtet habe ich die Vornahme des Auftrags meiner Seits keinen Augenblick beanstandet, nur schien mir der Vollzug in mitten der Nacht bedenklich, indem der Zugang in die allseits verschloßne Wohnung nicht ohne Geräusch hätte vollzogen werden können, das den Gesuchten hätte bestimmen können, sich zu entziehen oder Wesentliches bey Seite zu schaffen. Ich ließ darum im Laufe der Nacht das Haus (dem Rentamtmann Bott gehörig) vorsichtig unter Aufsicht stellen und sobald es heute früh um 5 Uhr darin lebendig wurde, begab ich mich cum Actuario dahin, hörte aber zu meinem Verdrusse gleich beym Eingange von dem Hausknechte, den ich aufforderte, mich zu Büchner zu führen, die ganz unbefangne Nachricht, dieser sey am 2ten d. M., Abends gegen 7 Uhr, also 24 Stunden nach Minnigerodes Verhaftung in Begleitung eines Unbekannten weggegangen und seitdem nicht zurückgekommen. In der Stube selbst stand noch ein unberührtes Frühstück und es wurde der ganze Gelaß genau durchsucht, und mehrfache Literalien, die Bescheinigungen für die Charakteristik der inneren und äußeren Richtung des Gesuchten liefern, zu den Acten genommen, etwas dem in Rubro angedeuteten Aehnliches aber nicht gefunden. Büchner hat längere Zeit in Straßburg studirt und ist seit Herbst 33 hier. Während dem hat er nach Versicherung des Rentamtmanns Bott sehr häufig Reisen unternommen, und eine starke Correspondenz geführt, er hat wenig Umgang und auch nur mit solchen Studierenden geführt, die bekannter Maßen republicanischen Gesinnungen huldigen, wie da sind: Clem, Bekker von hier, Bekker von Biedenkopf, Schütz, Minnigrode. Bei den in Beschlag genommenen Briefen finden sich mehrere von einem Eugen Bückel aus Straßburg, der nach dem 16. Juni von da ab nach Heidelberg gereist ist, am 28. July, brieflich, zu schließen, dort noch war und den Büchner einlud, bis zum 30. July Morgens nach Frankfurt zu kommen, wo er ihn im Schwanen in Gesellschaft anderer treffen werde. Dies giebt eine Vermuthung, daß Büchner nach Frankfurt gegangen sey, und ich habe darum soeben dem Polizeyamt daselbst Signalement und thatsächlichen Verhalt mit dem Ersuchen mitgetheilt, nach zu spüren, zu durchsuchen und Alles zu verhaften, was verdächtig sey. Ein gleiches Signalement schließe ich zum dienlich scheinenden Gebrauche hier bey.“

Überlieferung
Druck: Wilhelm Diehl, Minnigerode’s Verhaftung und Georg Büchners Flucht, in: Hessische Chronik 9 (1920), S. 14 (vgl. MBA II.2, S. 183 f.).